Montag, 29. Juni 2009

Übersetzen auf die Fraueninsel

Diesen Tag konnte ich um einige Gänge zurück geschaltet wirklich ruhig angehen, dank meines Vorsprungs von gestern. Ich hatte schon mal viel Zeit gewonnen – für mich und blieb denn noch eine Weile länger im Bett als sonst. Dann hielt ich entgegen meiner Gepflogenheit bewusst ein ausgiebiges, langsames Frühstück, bevor ich mich noch an eine wichtige Besorgung machte, ein Dankeschön nämlich für eine sehr engagierte Ärztin während meines letzten Klinikaufenthaltes in Prien. Die Überraschung mit der persönlichen Übergabe meines kleinen Geschenkes an Sie gelang zu ihrer und meiner Freude vollends, und das ohne vorherige Terminierung. Hatte doch wieder mal der Herr Professor Recht bekommen, der mir aufmunternd und treffend zum Abschied mitgab: „Sie haben die Größe und sind selbst der Herr der Zeit.“ Diese Maxime hole ich mir immer wieder hilfreich hinter den Ohren hervor, wenn ich wirklich in Zeitdruck gerate. Und ab jetzt war ich ja sozusagen Herr über 1000 mal 1000 große Pausen bis an mein Ende! Haut mich jedes Mal fast um, wenn ich daran denke, aber ich habe dabei ein gutes Gefühl.

Die Zeit zum Inselsprung wollte ich so weit wie möglich hinausschieben. Wie die Tage vorher wurde es zunehmend schwül und so blieb ich über Mittag noch in der kühlen Laube des Gasthofs und schrieb meinen gestrigen Tagesablauf am PC; dazu hatte ich ihn dabei, um Erlebtes für mich und andere abzuspeichern und darüber nachhaltig reflektieren zu können.
Gegen 14 Uhr fuhr ich die kürzeste Schiffsverbindung ab Gstadt an, suchte mir dort einen Dauerparkplatz - 3 Euro pro Tag in Ufernähe sind dafür üblich – und brach auf dem Schiff „Maximilian“ zur nahen Insel auf, eine Gewitterfront im Nacken. Böses Omen? Keinesfalls! Ich hatte wirklich den Eindruck, so wie es Schwester Ignatia später auch treffend beschrieb, dass der Gast mit dem Gepäck das Schiff besteigt, aber mit zunehmendem Entfernen vom Land seine Sorgenpakete weit hinter sich lässt.

Der Empfang durch Schwester Scholastika war ausgesprochen herzlich. War schon ein erhebendes, privilegiertes Gefühl das Aufschließen und Durchschreiten der Pforte, obwohl mir durch meine Schulzeit im Studienseminar das Kosterleben vertraut war: Ich durfte rein in das mir zugedachte Gästehaus Scholastika, das frühere Beichtvaterhaus(!) und die vielen Inselbesucher hinter mir mussten draußen bleiben. Ich erreichte das Haus am Ende des hellen, blumenreichen Innenhofes.

Von meinem Zimmer im Erdgeschoss war ich überwältigt: Ein ca. 30 qm großes Doppelzimmer – welch erneute Fügung – mit Deckengewölbe und Blick aus den Fenstern über das vorgelagerte Blumengärtchen und den See zu den Alpen. Womit hatte ich das verdient? Aber diese meine Frage wies die Ordensfrau, mit der ich auf meinem ersten Rundgang zufällig zu einem Gespräch zusammentraf, gütig mit den Worten zurück: Man müsse sich im Leben nicht alles verdienen, sondern ich dürfe auch Geschenke annehmen, und dieses ist so eines. Tat gut und ich fühlte hinter den kühlen Klostermauern menschliche Wärme und Geborgenheit. Frau R. führte mich stellvertretend für Schwester Agnes in den Tagesablauf und die Angebote für die Gäste ein. Ein Angebot davon nutzte ich gerne wie die meisten von den knapp 10 Gästen – keiner wird dazu gezwungen - noch vor dem Abendessen: den Besuch der an dem heutigen Festtag Peter und Paul besonders feierlichen Vesper mit allen Klosterschwestern in der Klosterkapelle. Von dem reinen, engelgleichen Chorgesang der Ordensfrauen war ich sehr beeindruckt, zudem war mir als Hobbytenor bewusst, wie anspruchsvoll das Singen von Chorälen und Psalmen ist. Beim anschließenden Abendessen um 18 Uhr konnte ich auch die übrigen Gäste kennen lernen. Den Abend ließ ich mit einem Inselrundgang und anschließendem Bier beim Klosterwirt (schließt mit dem letzten Schiff!) ausklingen. Ich las noch eine Weile im Aufenthaltsraum neben meinem Zimmer, guckte mich in der zur Verfügung stehenden Teeküche um und tippte meine Tageszusammenfassung. Heute hatte ich auch erfahren, dass es auch einen frei nutzbaren Internetzugang neben den Seminarräumen gibt, um meine Aufzeichnungen hochladen zu können. - Die Laudes morgen um 6 Uhr wollte ich mir vorerst noch aufsparen. Nicht gleich alles auf einmal, der Einladung auf dem Gästefaltblatt folgend: Kommet und ruhet ein wenig aus. (Markus 6,31)
Klosteranlage und Blick aus einem Fenster ( ohne Schutzgitter) zum See hin:

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