Freitag, 3. Juli 2009

Fraueninsel Kloster-Rückschau







Was übrig bleibt an Worten und Bildern:
(hier Aufgang beim Klosterwirt)
Meine erste Auszeit im Kloster Frauenwörth - bestimmt nicht die letzte - habe ich wegen der Kürze der Zeit als Schnupperkurs erlebt, diesen dafür aber auch ohne besondere Vorplanung umso intensiver. Ich habe einerseits Kurzurlaub im traditionellen Sinn genossen, andererseits habe ich interessante, aufbauende Gesprächsbegegnungen auch ohne gezielte Suche gefunden, Meditations- und Besinnungsphasen genützt und auch eindrucksvoll am klösterlichen Leben teilhaben dürfen. Dass ich in Anbetracht meiner wenigen Tage im Kloster nichts von den vielen Angeboten aus dem vielseitigen Kurs- und Seminarprogramm der Abtei (siehe Internetseite) nutzen konnte, war kein Nachteil für mich. Das war auch fürs Erste von mir nicht beabsichtigt gewesen, um mich nicht von vornherein unter Zugzwang zu stellen. Ich bin mir sicher, dass ich eine nächste längere Auszeit im Kloster dem Kursangebot entsprechend terminieren und hoffentlich eine Zusage bekommen werde. Denn nur wenige Plätze für Gäste sind dazu auserwählt im Gegensatz zu den Übernachtungskapazitäten in der Erwachsenenbildung des Klosters.
Im Wiederholungsfall aber habe mir auch die volle Reduktion auf das Nötigste vorgenommen, also ohne Notebook, Handy oder sonstigem modernen Gerät. Vielleicht reise ich dann sogar mit der Bahn an, die mich - ohne Stau -bis nach Prien bringt und setze von dort auf die Fraueninsel über. Ein positives Ergebnis brachte meine Auszeit nebenbei, zugunsten künftiger, bewusster gestalteten Aktivitäts- und Entspannungsphasen: Ich kam ganz ohne Fernsehen und Radioberieselung aus; nicht einen Moment habe ich daran gedacht oder es gar vermist. Alles in allem ist es ein Segen, dass es für jedermann und für mich im Besonderen diese Möglichkeit eines Sonderurlaubs für Leib und Seele in diesem Kloster gibt, aber nicht nur in diesem. Am Rande war festzustellen und es war insofern nicht verwunderlich, dass die erlangte innere Ruhe und Gelassenheit auch für Außen-/Nahestehende wahrnehmbar war; das konnte ich als Feedback bereits während meines Aufenthalts erfahren. Für all die guten Erfahrungen und mentalen Wiederbelebungen - echte Geschenke, die ich drinnen annehmen durfte, danke ich von Herzen und sage Vergelt´s Gott.


Abschied vom Kloster - nur auf Zeit!

Heute war ich schon ziemlich früh wach und auf den Beinen, denn ich wollte nach der Morgendusche meine restlichen Sachen ohne Hetze einpacken, das Bettzeug abziehen, Gläser und Flaschen zurückbringen. Das war das Mindeste, was ich als Klostergast und angesichts des wirklich günstigen Übernachtungspreises - für mich waren das 50 Euro pro Nacht mit Vollpension - gern tat. Leider schaffte ich es nicht, meinen von der Schwester am Vortag festgelegten Abrechnungstermin um 8 Uhr einzuhalten. Ich konnte mich einfach nicht von einem intensiven Gespräch am Frühstückstisch losreißen, so dass ich mich um 15 Minuten verspätete und damit die Schwester in zeitliche Bedrängnis brachte. Dass die Schwestern nicht zum "Vergnügen" im Kloster sind und neben den Gebetsstunden vielfältige Aufgaben erfüllen, konnte ich in meinem kurzen Aufenthalt hautnah miterleben. Während meines Klosterlebens auf kurze Zeit machte ich die Erfahrung, dass Schwestern gottlob nicht nicht nur vergeistigt, sondern trotz ihrer "Uniform" eine bunte Mischung von Menschen sind wie du und ich, die - und das macht sie unverwechselbar - lebenslang Dienst für Gott und den Menschen gelobt haben wie z. B. in den imponierenden Regeln des Ordensheiligen Benedikt von Nursia auf dem Begrüßungskarte steht: Alle Gäste, die zum Kloster kommen, werden wie Christus aufgenommen.
Für mein künftiges Leben habe ich mir von den insgesamt 12 Regeln drei in Erinnerung gerufen und mit auf den Weg genommen:
Meide das Böse und tue das Gute, suche den Frieden und jage ihm nach!
Alle Menschen ehren. Keinem anderen antun, was man selbst nicht erleiden möchte.
Ein gutes Wort geht über die beste Gabe.

Für die Abreise war keine Eile geboten; denn mein Aufenthalt schloss noch das Mittagessen mit ein. Mein Rückzug aus dem Kloster konnte als wie der Eintritt dorthin wohltuend verlangsamt erfolgen, damit der Erfolg dieses besonderen Urlaubs nicht gleich verfliegt. Mein Zimmer räumte ich wie vereinbart gegen 8.30 Uhr und stellte mein Gepäck im Aufenthaltsraum "Benedikt" unter. Dann nutzte ich noch eine letzte Gelegenheit zu einem Rundgang, um die Kirche den schmucken Friedhof und das Treiben auf der Insel zu beobachten.
Nachdem ich mich nach dem Mittagessen von den kennen gelernten Gästen und Schwestern verabschiedet hatte, zog ich mich vor der gewittrigen Schwüle in das Gästehaus Irmengard zurück, um Texte und Bilder ins Online-Tagebuch hochzuladen. Nur gut, dass es diese fortschrittliche Einrichtung hier gab. Am frühen Nachmittag erst, mit dem Aufziehen der Kühlung verheißenden Wolken, verließ ich mit meinem Gepäck das Kloster und machte mich auf den Weg zum nahen Bootssteg.
Bei der Überfahrt nach Gstadt zogen schwere Gewitter auf, die mich mit Platzregen auch auf der Rückfahrt durch Südbayern begleiteten.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Mariä Heimsuchung - Meditations und Donnerwettertag

Für die Christen hat dieser heutige Tag besondere Bedeutung, aber er wird „draußen“ nicht mehr groß gefeiert wie früher; es ist wie beim Evangelisten Lukas 1,39-56 nachzulesen ist, der Besuchstag der mit Jesus schwangeren Maria bei ihrer Base Elisabeth. Nach dem Frühstück hatte ich bereits zu diesem Text aus der Heiligen Schrift in kleiner Runde an einer interessanten, lebhaften Bibelstunde mit dem Geistlichen Herrn Dr. Katz teilgenommen. Als Überraschung erwartete auf dem extra schön gedeckten Mittagstisch uns Gäste ein Festmahl: Leberflädchensuppe, danach Putenschnitzel Natur auf jungem Lauch und Minitomaten, dazu grüne Bandnudeln mit Kräutersoße und als Nachspeise ein bunter Obstsalat. Den Grund erfuhr ich von der Schwester. Heute war zugleich der Jahrestag der Ewigen Profess (= Klostergelübde) von Äbtissin Johanna.
Am Vormittag hatte ich an dem etwas überlasteten Internetzugang einige Zeit verbracht mit dem Upload eines Eintrages. Bis zum Mittagsmahl hatte ich noch reichlich Zeit, im Klosterladen Andenken für die Daheimgebliebenen zu besorgen. Morgen war ja meine Abreise, wenn sich nicht noch eine Verlängerungsmöglichkeit fügt? Beim Verlassen des Ladens traf ich zufälligerweise ein gut bekanntes, aber lange nicht mehr gesehenes Ehepaar aus meiner Heimat, die ihren Urlaubsaufenthalt zu einem Abstecher auf die Fraueninsel nutzten. Freude und Überraschung waren auf beiden Seiten groß und ich lud sie auf eine kurze Visite in mein kühles Zimmer ein.
Nach dem Essen verbrachte ich die momentane Sonnenscheinperiode auf dem Rasen
vor dem Kloster auf meiner Decke, um ein interessantes Buch zu lesen, das ich mir im Kloster ausgeliehen hatte. Beim Durchsuchen der Bücher im Aufenthaltsraum war mein 2. Griff an dem Büchlein „Damit Leben stimmig wird – ein Abstecher in die Sozialethik“ von Carlo Maria Martini hängen geblieben. Das Buch bot wirklich gute Orientierungshilfen für mich, wie der Untertitel schon verriet. Als die Schwüle zunahm, zog ich um auf die Terrasse beim Klosterwirt und kühlte mich mit einem leckeren Eisbecher ab. Nebenbei brachte ich gleich hier die bisher gemachten Tageseindrücke vorab schon mal zu Papier. Der Nachmittag verging auf diese Weise sehr kurzweilig.
„Beginn der Nachthore zu Ehren des verrückten Thomas ist heute erst um 19.45“, war der humorvolle Hinweis von Schwester Renata beim Abendessen. So wie sich heute wegen der feierlichen Abendmesse, das Essen und die Hore verschoben hatte, so hat die Kirche das Namensfest des Hl. Apostels Thomas von einem anderen auf den heutigen Tag verschoben bzw. verrückt. Wegen eines erneut aufziehenden Donnerwetters am Himmel, das seit dem frühen Morgen den ganzen Tag mit Unterbrechungen den Ton angab, verkürzte ich meinen Verdauungsspaziergang zum See. Ich beschloss, doch noch diese Hore mitzufeiern, um damit den Tag meditativ ausklingen zu lassen. Danach machte ich schon mal ans Packen; denn morgen stand die Abreise bevor, falls nicht noch eine Absage eintrifft, um so noch etwas verlängern zu können.

Morgeninsel – wahre Trauminsel

Heute ist Frühaufstehertag. Der Wecker bimmelt um 5.30 Uhr, dann schnelle Morgentoilette. Um 5.45 verlasse ich bei strahlend blauem Himmel mein Gästehaus und mache mich auf den Weg zur Morgen-Laudes, um rechtzeitig oben in der Kapelle zu sein, bevor die Schwestern einziehen und mit der Feier beginnen. Ich bin nicht allein unterwegs um die Zeit. Im Innenhof steht bereits eine Mitbewohnerin, die bereits ihren ersten Inselspaziergang hinter sich hat. Wir warten vor der noch verschlossenen Tür des Konventhauses, durch die wir über den Kreuzgang durch die Klosterkirche hinauf in die Kapelle gelangen. Noch Zeit genug, um die von den ersten Sonnenstrahlen in zarten Pastellfarben schimmernde, traumhafte See- und Gebirgslandschaft zu genießen. „Als Trauminsel wurde sie schon vor Jahren bezeichnet“ meinte meine Mitbewohnerin. Dem konnte ich nur begeistert beipflichten.
Von den gesungenen Psalmen in der Laudes blieb mir ein Vers im Gedächtnis haften, den ich als Leitsatz für mein Leben mitnehmen wollte: Weise mir Herr deinen Weg, ich will ihn gehen in Treue zu dir. Und ich fügte in Gedanken hinzu:.. und nicht aus Zwang gegenüber Menschen und Dingen.
Unmittelbar nach der Laudes schloss an diesem Tag eine Messfeier mit einem Geistlichen an. Eindrucksvoll dabei war die unglaubliche Stille nach dem Evangelium, die nur ein Spatz mit seinem durchs offene Fenster tönende Tschilpen durchbrach. Ja, diese Ruhe, die sich auf einen legte, tat wirklich gut. In diesem Moment bereute ich es, nicht länger gebucht zu haben. Die bisher noch nicht mitgefeierte Mittagshore und die Nachthore werde werde ich wohl bei einem nächsten Aufenthalt nachholen.
Nach einem kurzen Spaziergang zum See beschloss ich, besondere Tageseindrücke nicht erst abends, sondern unmittelbar über den Tag niederzuschreiben und fing auch gleich damit. Es war viel mehr eine Freude als Mühe für mich, vor der malerischen Kulisse meines Fensters, mein Erlebtes durchs Aufschreiben zu reflektieren und zu vertiefen. Anschließend nutzte ich das Internetangebot, vor dem Mittagessen wenigstens einen Teil meiner bisherigen Einträge, samt ein paar Bildern online stellen zu können.

Für den Nachmittag hatte ich mir bei dem herrlichen Wetter eine Radtour vorgenommen, nämlich von Gstadt, wo mein Fahrrad im Auto deponiert war, nach Prien und zurück. Radtouren um den Chiemsee waren fantastisch, denn dabei hatte ich auch richtig abzuschalten gelernt.
Gegen 13.30 Uhr legte ich am Südsteg mit „Siegfried“, oder war´s eines seiner zahlreichen Geschwister, ab. Nachdem ich an Land mein Rad zusammengebaut hatte, trat ich auf dem Uferweg mein Tour an. Sie sollte sich als die feuchteste und frischeste Radelversuchung entpuppen, die ich dis dahin um den Chiemsee erlebt hatte. Auf dem Hinweg wurde ich wegen des teilweise bis zu einem halben Meter hoch stehenden Hochwassers von unten nassgekühlt. Auf dem Rückweg über die Landstraße – einmal Tretbootradeln war genug – durchnässte mich ein kurzer Gewitterschauer von oben. Start und Ziel meiner abenteuerlichen, aber keineswegs gefährlichen Tour erreichte ich ohne Hetze kurz nach halb fünf. Ich hatte noch reichlich Zeit bis zum Abendessen und freute mich ganz besonders auf die erfrischende Dusche in meinem Bad mit Exklusivausblick.
Nach dem Abendessen legte ich mich, doch müde geworden von den Tourstrapazen, ein wenig aufs Ohr, bevor ich meinen obligatorischen Abendrundgang antrat und immer wieder verweilend das Licht- und Schattenspiel von Sonne und Wolken über dem See bewunderte. Danach ließ ich den wundervollen Tag am Notebook Revue passieren, nicht ganz, denn ein kühles Dunkles im Inselgasthof konnte vor dem Bettgehen nicht schaden.

Dienstag, 30. Juni 2009

Erster voller Tag im Kloster

Nach einer kurzen, aber ausgesprochen stillen Nacht im bequemen Bett erwachte ich gut ausgeschlafen, die Sonne schien zu den Fenstern herein. Von 7 Uhr bis 9.30 Uhr hatte ich Zeit, mein Frühstück einzunehmen. Ich war heute einer der ersten. Auf dem Weg zum Kaffeeautomaten an der Theke lese ich den heutigen Kalender-Tagesspruch: Ein schöner Rückzug ist ebenso viel wert wie ein kühner Angriff. Ich muss lächeln; wie treffend!
Nach dem Frühstück ist ein erster von mehreren Inselrundgängen angesagt, der wegen des sich ständig wechselnden Morgenlichtes und der Ruhe zu Wasser und zu Land - ohne Besuchermassen - besonders genieße.
Mir ergeht es so wie vielen anderen: Ich kann nicht satt werden davon, jede veränderte Landschaftsstimmung mit den Alpen bzw. mit der Herreninsel im Hintergrund digital festzuhalten. Beim Herumstromern auf der Insel genieße ich den Einblick in wunderschöne Hausgärten, lasse mich auf einer der Bänke am Ufer nieder, genieße den Ausblick und treffe auf Gäste zu einem lockeren Gespräch. Nach einem anschließenden Schnupperbesuch des Klosterladens war der Vormittag schnell vergangen. Um 12 Uhr beginnt das Mittagessen mit einem Gebet, das eine Ordensschwester vorträgt. Das Essen ist reichlich und sehr schmackhaft.
Nach einer Siesta in meinem bei der derzeitigen Schwüle recht angenehm kühlen Zimmer, lese ich die Zeitung auf der Terrasse vor dem Aufenthaltsraum und mache mich auf dem Weg zum Klosterwirt. Ein Eiskaffee und die vielen Gäste waren jetzt genau das richtige Kühl- und Kontrastmittel für mich.
Im Anschluss hatte ich mir vorgenommen, mit Schwester Benedikta zu sprechen, die die wirtschaftlichen Fäden des Klosters zog. Ich hatte nämlich bemerkt, dass sich neben vielen Kurs- und Schulungsteilnehmern auch einzelne Helfer im Kloster aufhielten, die vorübergehend für Arbeiten einsprangen. Das interessierte mich. Vielleicht konnte ich mich ja in irgendeiner Weise auch einbringen. Das wäre auch grundsätzlich möglich, wie mir Frau Benedikta versicherte. Unterstützung neben praktischen Dingen wünschte sie sich aber vor allem bei der Steigerung der Mitgliederzahl im Freundeskreis der Abtei Frauenwörth, der durch das Ausscheiden älterer Mitglieder und durch den Wegfall von Förderern aus der Wirtschaft an Wirksamkeit eingebüßt hat. Und der Freundeskreis ist sehr wichtig für den Erhalt des Klosters. Es würde nicht nur mich freuen, wenn ich mit meinem Tagebucheintrag und dem Aufruf zum Beitritt ein wenig zur Mitgliederaufstockung beitragen kann. Einzelheiten über die Anmeldung und Mitgliedsachaft beim Freundeskreis der Abtei Frauenwörth sind auf der Kloster eigenen Webseite ersichtlich. Ich werde dem Freundeskreis beitreten und hoffentlich wieder als Gast hierher kommen können und dürfen, vielleicht aber auch als Saisonaushilfe.
Nach dem Abendessen nahm ich mir vor, die Ahnengalerie aller bisherigen zig Äbtissinnen im Kreuzgang des Konvents und deren Geschichte etwas genauer anzusehen als nur im Vorbeigehen auf dem Weg in die Kapelle. Ich verweilte bei der 37.sten mit Namen Maria Magdalena, bei der der Name auf dem Porträt nicht mit dem Namen auf der Liste an der Wand gegenüber übereinstimmte. Während ich so dastand und grübelte, kam – wie wenn sie meinen Hilferuf gehört hätte - Schwester Ignatia aus einer Seitentür auf mich zu und gab mir spontan einen interessanten geschichtlichen Abriss über diese für den Orden und die Nachwelt sehr bedeutsame Äbtissin, die den Konvent erfolgreich durch die schreckliche Zeit des 30- jährigen Krieges geführt und vor den herannahenden Schweden bewahrt hatte. Diese standen nämlich schon in Wasserburg und bereiteten sich zum Übersetzen auf die Insel vor. Um ihre Mitschwestern vor den grausamen Angreifern zu bewahren, ließ sie diese rasch auf die Festung Salzburg in Sicherheit bringen. Sie selbst aber blieb wie ein Kapitän auf dem zu sinken drohenden Schiff auf der Insel zurück und vertraute ihr Schicksal im Gebet dem hilfreichen Herzen Jesu an. Und tatsächlich: Schwere Überschwemmungen nach starken Regenfällen und tagelang anhaltender Nebel machten eine zerstörerische Besetzung durch die Schweden unmöglich. Wegen viel zu langer Vorbereitung von Flößen und einhergehender Versorgungsnot mussten sie sich unverrichteter Dinge zurückziehen. Vielleicht stießen sie gerade auch deshalb nie ins Österreichische vor. In jedem Fall aber war das Kloster gerettet. Ein weiterer Verdienst dieser außergewöhnlichen Frau war auch, dass sie über die Zeit ihrer Regentschaft genau Tagebuch führte und somit den begeisterten Historikern detaillierte Geschichtsdokumente lieferte. Es war also kein Zufall, dass ohne etwas von ihr zu wissen, ihre Darstellung auf dem Bild meine Aufmerksamkeit erregte? Auch ich schreibe wenn auch nur ein kurzes persönliches Kloster-Tagebuch und auch nicht von geschichtlicher Tragweite wie ihres. Noch lange beeindruckt vom Vortrag der Schwester überflog ich die Namen, Geschichtsdaten und vor allem die Abbildungen, der übrigen Äbtissinnen im Vorbeigehen, die mehrfach zusammengefasst auf einer Bildtafel im Gesichtsausdruck wie geklont aussahen wie mir Frau Ignatia auch vorher schmunzelnd verriet. Der Grund lag wohl darin, dass sich die Malerschüler den damaligen Auftrag mit dem Konterfeit aller Regentinnen wegen Zeitknappheit insofern erleichtert haben, indem sie ein Gesicht einfach auf viele andere kopiert haben. War also weiter nicht schlimm, sonst wäre wohl der Auftrag von der enttäuschten Auftraggeberin storniert worden. Denn sie wusste sehr wohl, dass es bestimmt nicht aufs Äußere und auf ein schönes Antlitz ankommt, um im Kloster und vor Gott sein Heil zu erlangen. – Dieser exklusive, packende und humorvolle Trip in die Geschichte hat mich nicht gereut. Anschließend war ich bis zur Dämmerung mit dem Fotoapparat auf einem Spaziergang um die Insel unterwegs, mit dem Ziel, schöne Bilder und vor allem einen wunderschönen Sonnenuntergang im Abendrot zu erhaschen. Aber den Gefallen tat mir heute die Sonne nicht, dafür hatte ich die Insel fast für mich alleine wie am Morgen.

Montag, 29. Juni 2009

Übersetzen auf die Fraueninsel

Diesen Tag konnte ich um einige Gänge zurück geschaltet wirklich ruhig angehen, dank meines Vorsprungs von gestern. Ich hatte schon mal viel Zeit gewonnen – für mich und blieb denn noch eine Weile länger im Bett als sonst. Dann hielt ich entgegen meiner Gepflogenheit bewusst ein ausgiebiges, langsames Frühstück, bevor ich mich noch an eine wichtige Besorgung machte, ein Dankeschön nämlich für eine sehr engagierte Ärztin während meines letzten Klinikaufenthaltes in Prien. Die Überraschung mit der persönlichen Übergabe meines kleinen Geschenkes an Sie gelang zu ihrer und meiner Freude vollends, und das ohne vorherige Terminierung. Hatte doch wieder mal der Herr Professor Recht bekommen, der mir aufmunternd und treffend zum Abschied mitgab: „Sie haben die Größe und sind selbst der Herr der Zeit.“ Diese Maxime hole ich mir immer wieder hilfreich hinter den Ohren hervor, wenn ich wirklich in Zeitdruck gerate. Und ab jetzt war ich ja sozusagen Herr über 1000 mal 1000 große Pausen bis an mein Ende! Haut mich jedes Mal fast um, wenn ich daran denke, aber ich habe dabei ein gutes Gefühl.

Die Zeit zum Inselsprung wollte ich so weit wie möglich hinausschieben. Wie die Tage vorher wurde es zunehmend schwül und so blieb ich über Mittag noch in der kühlen Laube des Gasthofs und schrieb meinen gestrigen Tagesablauf am PC; dazu hatte ich ihn dabei, um Erlebtes für mich und andere abzuspeichern und darüber nachhaltig reflektieren zu können.
Gegen 14 Uhr fuhr ich die kürzeste Schiffsverbindung ab Gstadt an, suchte mir dort einen Dauerparkplatz - 3 Euro pro Tag in Ufernähe sind dafür üblich – und brach auf dem Schiff „Maximilian“ zur nahen Insel auf, eine Gewitterfront im Nacken. Böses Omen? Keinesfalls! Ich hatte wirklich den Eindruck, so wie es Schwester Ignatia später auch treffend beschrieb, dass der Gast mit dem Gepäck das Schiff besteigt, aber mit zunehmendem Entfernen vom Land seine Sorgenpakete weit hinter sich lässt.

Der Empfang durch Schwester Scholastika war ausgesprochen herzlich. War schon ein erhebendes, privilegiertes Gefühl das Aufschließen und Durchschreiten der Pforte, obwohl mir durch meine Schulzeit im Studienseminar das Kosterleben vertraut war: Ich durfte rein in das mir zugedachte Gästehaus Scholastika, das frühere Beichtvaterhaus(!) und die vielen Inselbesucher hinter mir mussten draußen bleiben. Ich erreichte das Haus am Ende des hellen, blumenreichen Innenhofes.

Von meinem Zimmer im Erdgeschoss war ich überwältigt: Ein ca. 30 qm großes Doppelzimmer – welch erneute Fügung – mit Deckengewölbe und Blick aus den Fenstern über das vorgelagerte Blumengärtchen und den See zu den Alpen. Womit hatte ich das verdient? Aber diese meine Frage wies die Ordensfrau, mit der ich auf meinem ersten Rundgang zufällig zu einem Gespräch zusammentraf, gütig mit den Worten zurück: Man müsse sich im Leben nicht alles verdienen, sondern ich dürfe auch Geschenke annehmen, und dieses ist so eines. Tat gut und ich fühlte hinter den kühlen Klostermauern menschliche Wärme und Geborgenheit. Frau R. führte mich stellvertretend für Schwester Agnes in den Tagesablauf und die Angebote für die Gäste ein. Ein Angebot davon nutzte ich gerne wie die meisten von den knapp 10 Gästen – keiner wird dazu gezwungen - noch vor dem Abendessen: den Besuch der an dem heutigen Festtag Peter und Paul besonders feierlichen Vesper mit allen Klosterschwestern in der Klosterkapelle. Von dem reinen, engelgleichen Chorgesang der Ordensfrauen war ich sehr beeindruckt, zudem war mir als Hobbytenor bewusst, wie anspruchsvoll das Singen von Chorälen und Psalmen ist. Beim anschließenden Abendessen um 18 Uhr konnte ich auch die übrigen Gäste kennen lernen. Den Abend ließ ich mit einem Inselrundgang und anschließendem Bier beim Klosterwirt (schließt mit dem letzten Schiff!) ausklingen. Ich las noch eine Weile im Aufenthaltsraum neben meinem Zimmer, guckte mich in der zur Verfügung stehenden Teeküche um und tippte meine Tageszusammenfassung. Heute hatte ich auch erfahren, dass es auch einen frei nutzbaren Internetzugang neben den Seminarräumen gibt, um meine Aufzeichnungen hochladen zu können. - Die Laudes morgen um 6 Uhr wollte ich mir vorerst noch aufsparen. Nicht gleich alles auf einmal, der Einladung auf dem Gästefaltblatt folgend: Kommet und ruhet ein wenig aus. (Markus 6,31)
Klosteranlage und Blick aus einem Fenster ( ohne Schutzgitter) zum See hin:

Sonntag, 28. Juni 2009

Vorgezogener spontaner Aufbruch

Eigentlich hatte ich ja geplant, erst am Montagmorgen in aller Frühe loszufahren, um mich am See noch etwas akklimatisieren und vor Ort einiges besorgen zu können, vor dem Nachmittags-Einchecken auf der Insel. Doch es sollte anders kommen und das war im Ergebnis noch besser als geplant.
Scherzeshalber hatte ich noch zu Mittag von meiner Frau zu hören bekommen, dass ich heute von ihr meine Henkersmahlzeit bekäme: Schnitzel mit Kartoffelsalat. Aber daraus wurde nichts, wenigstens von ihrer Seite; denn sie war nicht fit genug für Schnitzel mit Kartoffelsalat, weil sie die Nacht davor kaum ein Auge zugemacht hatte. So bereitete ich ersatzweise einen Kartoffelsalat mit heißen Wiener Würstchen zu, sozusagen meine eigene Henkersmahlszeit;-) Vielleicht hatte mich ja gerade dieser Ausdruck in Rage und Aufruhr gebracht, lachen konnte ich jedenfalls nicht darüber.

Nun, so langweilig und öde wie der Sonntag zunächst begonnen hatte, so aufregend sollte er enden. Kurzum, ich hielt es einfach nicht mehr zu Hause aus; geduldiges Warten war noch nie meine Stärke gewesen! Das war auch so eine Seite an mir, an der ich mit meinem klösterlichen Aufenthalt ein bisschen arbeiten wollte. Wie in einer Vorahnung hatte ich bereits am Samstag das wichtigste Gepäck und mein Fahrrad im Auto verstaut. Mir war das Radfahrverbot auf der Insel bekannt, aber um den Chiemsee hatte ich schon früher die idealen Bedingungen zum Radeln genossen und vielleicht bekäme ich auch diesmal Gelegenheit dazu. Am Sonntagabend war ich dann so weit und fuhr kurzentschlossen los, nachdem ich eine letzte Tasche im Kofferraum Kofferraum untergebracht hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt schaukelte sich in mir eine unerträgliche Anspannung hoch, bestimmt kein Zustand ideal zum Fahren, aber dafür wirklich reif für die Insel, ohne zu wissen, wo ich die kommende Nacht verbringen sollte.
Aber darum machte ich mir in dem Moment wirklich keine Sorgen, da würde ich schon noch was Passendes finden. Und so kam es denn auch.
Nach Antritt der Fahrt meldete ich mich noch rasch telefonisch bei meinen erwachsenen Kindern ab und fragte in einem bekannten Gasthof in Prien um Nachtquartier an, wo ich auch tatsächlich eine Zusage erhielt. Mir fiel schon mal ein Stein vom Herzen und mit jedem Kilometer von den 330 nach Süden löste sich auch meine innere Hochspannung, meinte ich wenigstens. Wenn nur nicht ausgerechnet eine Stau-Baustelle nach der anderen auf der A 93 gewesen wäre, zum Auswachsen; ich konnte es nicht erwarten, innerlich und geografisch endlich „runter gefahren“ zu sein. Richtig abladen konnte ich meine Nervosität erst nach meiner Ankunft gegen 22 Uhr an der Theke, wo die vertraute und trotz ihres zarten Alters im Umgang sehr erfahrene „Tresencoach“ B. meinen Erzählungen geduldig lauschte. Ich war sehr erleichtert darüber, heil im Zielgebiet angekommen zu sein und den nächsten Tag locker angehen zu können. Gegen 24 Uhr schlief ich dem noch zur Verfügung stehenden Doppelbettzimmer auf der Stelle ein, schon in Gedanken auf der Insel.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Warum eine Auszeit ausgerechnet im Kloster?

Warum eigentlich nicht? An welchem Ort findet man mehr Ruhe zum Abschalten? Für meine Auszeit kam da nur ein Kloster in Frage: Das der Benediktinerinnen auf der Fraueninsel oder Frauenchiemsee genannt, durch den Chiemsee räumlich abgeschirmt vom Rest der Welt. Den See und die idyllische Insel selbst hatte ich bereits anlässlich zweier Klinikaufenthalte kennen und lieben gelernt. Damals genoss ich Naturliebhaber die wunderschöne Gegend des Chiemgaus zur Gesundung und ließ mich bei meinen Bootsausflügen vom Flair der Fraueninsel anstecken. Ein einzigartiges Inselflair, von dem sich viele Maler für ihre stimmungsvollen Landschaftsbilder inspirieren ließen.
So hoch kann und will ich nicht hinaus; mit meiner Absicht, aus Nordbayern für ein paar Tage [auf Dauer wäre (m)ein Traum] hierher zurück- und einzukehren, denke ich praktisch. Inspirieren möchte ich mich auch lassen, aber nicht um schöne Gemälde zu gestalten, sondern um durch eine mentalen Bestandsaufnahme mein weiteres Leben erfüllt gestalten zu können, genau an der Schwelle von einem zum anderen bedeutsamen Lebensabschnitt: vom Beruf zum Ruhestand (mit dieser Bezeichnung kann ich mich überhaupt nicht anfreunden). Vielleicht ist es ja auch nur die Angst, danach in das viel besagte "Loch" zu fallen, die mich zu diesem Schritt antreibt.

Zumindest erhoffe ich mir durch diese Einkehr einiges an Weg- und Sinnfindung für meine weitere Lebensgestaltung. An Hobbys und Interessen fehlt es mir künftig dabei nicht. Wenn ich nicht die Erkenntnis gewinnen sollte, nicht weiter schlimm! Dann komme ich wenigstens mit der Teilnahme am klösterlichen zur Ruhe und Entspannung, losgelöst von alltäglichen Einflüssen, einfach einen Gang zurückschalten zur Langsamkeit. Ungeduldig wie ich sonst bin, weiß ich aber auch, dass sich mentale Erfolge nicht erzielen lassen wie Menüs nach Rezept, sondern vielmehr wie Früchte: Ist einmal ein Same gesät, kann er keimen und Frucht bringen oder auch nicht. Ich bin offen für alles und lasse mich einfach überraschen von dem, was mich erwartet in den paar Tagen im Kloster.
Klöster sind mir ja schon seit meiner Kindheit vertraut, bin quasi aufgewachsen während meiner Ausbildung in Kloster und Klosterschule der Augustiner. Ich habe zwar das Ziel, selber einer zu werden nach einigen Jahren fallen gelassen, aber die Zeit des klerikalen miteinander Zusammenlebens prägte mein Leben und legte den Grundstock für meinen persönlichen wie beruflichen Erfolg. Vielleicht kann ich ja meinem Klosterleben auf Zeit auch ein bisschen für die Zeit nach dem Berufsleben abgewinnen, Positives für mich und meine Familie. Auf keinen Fall im passiven Sinn des Ruhestandes bis gar zum drohenden Stillstand, sondern viel aktiv nach dem Lebensmotto von Augustinus: Mein Herz ist unruhig, bis es ruhet in dir.
Das gekettete Kreuz im Bild steht sinnbildlich für mein Leben und meine Zielvorstellung: Ich will gewiss mein Kreuz auf dieser Welt tragen, aber ich lasse mich nicht (mehr) von Abhängigkeiten und Zwängen fesseln.
(Beide Bilder aufgenommen in einem wild-romantischen Kleingarten auf der Fraueninsel.)
Mehr zu diesem Thema in diesem "Welt Online" -Artikel: Rückzug in die Stille des Klosters